Eine ketzerische Position: Was läuft falsch in der gegenwärtigen Physik?

Physiker glauben häufig, dass die besten Theorien schön, natürlich und elegant sind. Was schön ist, muss wahr sein, Schönheit unterscheidet erfolgreiche Theorien von schlechten. Sabine Hossenfelder zeigt jedoch, dass die Physik sich damit verrannt hat: Durch das Festhalten am Primat der Schönheit gibt es seit mehr als vier Jahrzehnten keinen Durchbruch in der Grundlagenphysik. Schlimmer noch, der Glaube an Schönheit ist so dogmatisch geworden, dass er nun in Konflikt mit wissenschaftlicher Objektivität gerät: Beobachtungen können nicht mehr länger die kühnsten Theorien wie z.B. Supersymmetrie bestätigen. Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, muss die Physik ihre Methoden überdenken. Nur wenn Realität als das akzeptiert wird, was sie ist, kann Wissenschaft die Wahrheit erkennen.

Das Buch ist zu begrüßen, nur der Titel passt nicht recht. Theoretische Physiker haben ein gestörtes Verhältnis zur Schönheit. Schönheit ist das Versprechen auf Funktion. Insofern ist das Universum schön, aber die Theorien darüber sind hässlich.

Der Spiegel führte mit ihr im September 2018 ein Gespräch

Spiegel: Sie glauben, ihre Fachkollegen haben sich verrannt?
Hossenfelder: Die meisten theoretischen Physiker, die ich kenne, studieren inzwischen Dinge, die noch niemand je gesehen oder gemessen hat. Sehr gern postulieren sie auch neue Teilchen, um ihr gedachtes Weltmodell aufzuhübschen.
.
.
.
Spiegel: Fürchten Sie, das Publikum könnte das Vertrauen in die Wissenschaft verlieren?
Hossenfelder: Das macht mir große Sorgen, darum habe ich das Buch geschrieben. Den interessierten Laien ist schon klar, dass in meinem Fach irgendwas komisch ist. Ständig werden da wilde Dinge vorhergesagt, die sich dann doch nicht bestätigen. Wenn es in der Grundlagenphysik wie in der Ernährungswissenschaft zugeht, wo der Kaffee heute gut und morgen schlecht ist, dann haben wir ein Problem.

Hier finden Sie das ganze Interview.